Bekommt der Lappwaldsee bei Harbke einen Unterwassertunnel?
Ein Unterwassertunnel im Lappwaldsee – utopischer Firlefanz oder doch eine Vision mit Weit- oder eher Tiefblick? Auf jeden Fall wird sich mit der Idee im Planungsverband ernsthaft auseinandergesetzt.
Es klingt abenteuerlich und auch ein Stück weit abwegig; andererseits reizvoll und spannend: eine gläserne, begehbare Röhre längs durch den Lappwaldsee, die die beiden Anrainerkommunen Harbke und Helmstedt, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen und somit letztlich auch das historische Ost und West miteinander verbindet. Ist die Idee eines Unterwassertunnels realistisch oder nur ambitionierte Spinnerei? Auf Seiten des Planungsverbands Lappwaldsee jedenfalls hält man den Gedanken für nachverfolgenswert. Von Spruchreife allerdings ist man nach Lage der Dinge noch weit, sehr weit entfernt.
Eine grobe Vorstellung des möglichen Projekts Seetunnel wurde bereits im Mai am Rande der Informationsveranstaltung „Wege und Orte in veränderter Landschaft“ in Harbke geliefert. Sie wurde innerhalb des Planungsverbands Lappwaldsee – dieser ist eine Art Gemeinderat für die planerischen und entwicklungstechnischen Belange des künftigen Seekomplexes mit Vertretern aus Harbke und Helmstedt und bestellter Geschäftsführung – ausgewertet und in ihren Grundzügen für gut befunden.
Der Lappwaldsee als wesentliches Merkmal der Region
Die Kernaussagen des Verbands: „Neben der einzigartigen länderübergreifenden und hervorragenden Lage des Lappwaldsees ist wesentliches Merkmal auch des Helmstedter Reviers seine Lage an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Mit dem in der ehemaligen Helmstedter und der Harbker/Wulfersdorfer Grube entstehenden Lappwaldsee als Teil einer ganzen Seenlandschaft besteht die Aussicht, am einstigen Eisernen Vorhang, der Deutschland und Europa für Jahrzehnte geteilt hat, und parallel mit dem Grünen Band in den nächsten Jahren eine Landschaft zu entwickeln, die Narben schließt. Die Ausweisung des Grünen Bandes als Nationales Naturmonument ist eine große Chance für die Entwicklung des Lappwaldsees. Die Region verfügt über eine enorme Dichte an Zeugnissen der Deutschen Teilung und den einzigen Tagebau, der grenzübergreifend Kohle gefördert hat (Grenzkohlepfeiler). Am nördlichen und südlichen Ufer des Lappwaldsees sind das Grüne Band und der fast 10.000 Kilometer lange Iron Cutain Trail derzeit noch unterbrochen. Ein gläserner Tunnel würde beides im See fortsetzen, wäre zugleich ein Besuchermagnet und könnte sowohl für Fußgänger als auch Radfahrer nutzbar gemacht werden.“
Der Tunnel würde zunächst noch als Überwasserbrücke fungieren und erst im Laufe der Zeit durch die sukzessive Seefüllung überspült werden, ehe er schließlich etwa drei Meter unter der Wasserkante läge. Im Inneren sollen Bergbauhistorie und deutsch-deutsche Geschichte sowie durch LED-Illumination das Grüne Band erleb- und sichtbar gemacht werden.
Ist das finanziell überhaupt machbar?
Vom Ob und Wie in finanziell machbarer Hinsicht mal ganz abgesehen, stehen vordergründig allerdings noch andere Hürden im Weg – und vielerlei offene Fragen. Die drängendste dabei, die auch generell jegliche Entwicklungsplanung rund um den Lappwaldsee bestimmt: Wie voll soll er denn nun werden? Sprich: Welcher Endwasserstand wird festgelegt?
Harbkes Bürgermeister Werner Müller, der auch stellvertretender Vorsitzender des Planungsverbands ist, erklärt dazu: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Unterwassertunnel noch eine absolute Vision, die natürlich definitiv etwas für sich und im Planungsverband auch viel Beifall bekommen hat, weil es eine Attraktion und ein Anziehungspunkt für die Region wäre. Fakt ist zunächst jedoch: Das ist alles noch weit weg. Solange nicht über den endgültigen Wasserstand entschieden ist, kann man gar nichts planen – keinen Weg und erst recht keinen Tunnel. Und aus meiner Sicht reden wir da noch über Jahre, ehe darüber überhaupt Klarheit besteht.“
Greifbarer, wenngleich nicht viel minder mühevoll, seien andere Projekte wie die Photovoltaikanlage auf der „Hochkippe“ oder das Flözerfest, das in diesem Jahr erstmalig auf Harbker Seite veranstaltet wurde und 2024 im Helmstedter Bereich wiederholt werden soll. Beide Themen sind – im Gegensatz zur gläsernen Röhre – daher auch Bestandteil der nächsten Verbandssitzung in Harbke. Sie findet am Mittwoch, 1. November, ab 19 Uhr im Mieterteff der Wohnungsgenossenschaft „Neue Heimat“, Straße des Aufbaus 17, statt.
Text: Ronny Schoof - Volksstimme
Bild zur Meldung: Blick auf den noch geteilten Lappwaldee mit den Anrainern Harbke (rechts) und Helmstedt (Hintergrund). Die Idee einer begehbaren Röhre erst über, später unter Wasser wird als nicht abwegig betrachtet. Foto: Ronny Schoof